Interview mit Marc Elsberg zu HELIX

Marc Elsberg
© Lucas Ilgner

1) Nach Ihren Techno-Thrillern BLACKOUT und ZERO, die sich eher mit der sogenannten digitalen Transformation und ihren Konsequenzen auseinandersetzen, wenden Sie sich mit HELIX einem viel »menschlicheren« Thema. Warum?

Das mag auf den ersten Blick so aussehen, aber Gentechnologie ist auch eine Informationstechnologie. Man sagt zum Erbgut ja auch »genetischer Code«. Wie schon in BLACKOUT und ZERO geht es um die Folgen technologischer Entwicklungen für unsere Gesellschaft.

2) Wie sind Sie auf die Idee zu dem Roman gekommen?

Dafür gab es zwei Gründe:

Die spektakulären Entwicklungen auf dem Gebiet, zuletzt mit der Entdeckung der CRISPR/cas9-Technologie.

Die vorherrschende Vorstellung in weiten Teilen Europas, aber auch in anderen Teilen der Welt ist die, dass Versuche des Menschen, »am Leben herumzubasteln« und »Gott spielen zu wollen«, in der Katastrophe enden müssen. Wir kennen das aus den Geschichten vom Golem über Frankenstein und Die Insel des Dr. Moreau bis zu Jurassic Park, aber auch aus den Diskussionen über Gentechnologie etwa in der Landwirtschaft. Was aber tun wir, wenn die »Basteleien« gelingen? Ich finde, das ist die viel spannendere Geschichte und Fragestellung.

3) Sie haben sich einen Namen als Experte für kritische Infrastrukturen und die digitale Welt gemacht, wie haben Sie sich in das Thema Genetik eingearbeitet?

Durch mein grundsätzliches Interesse an solchen Themen habe ich bereits einen guten Wissensfundus. Alles was darüber hinaus geht, erarbeite ich mir durch Recherchen und den persönlichen und direkten Austausch mit den entsprechenden Experten.

4) Welche Informationen haben Sie bei Ihren Recherchen am meisten überrascht?

Ich war erstaunt, was bereits jetzt schon alles möglich ist und tatsächlich gemacht wird: von der »Biologisierung« der Wirtschaft bis zu Manipulationen der menschlichen Keimbahn.

5) Genmanipulation ist seit Jahren ein Thema in der Gesellschaft und in der Politik – insbesondere jetzt mit TTIP. Was halten Sie von der Diskussion?

Wie so viele Diskussionen ist sie meist oberflächlich und undifferenziert. Während in den USA kritische Aspekte zu kurz kommen, wird in Europa gern das Kind mit dem Bad ausgeschüttet und Gentechnik in Bausch und Bogen verteufelt, was ebenso unsinnig ist. Und in vielen asiatischen Kulturen hat man noch einmal einen ganz anderen Zugang dazu.

6) Im Rahmen von BLACKOUT und ZERO meinten Sie, dass man sich der digitalen Transformation nicht verweigern kann, weil sie natürlich auch ihre Vorteile hat. Wie stehen Sie zur Gentechnik?

Genauso. Wir reden von einer Technologie, die man negativ oder positiv einsetzen kann. Einige Konzerne verwendeten sie in den letzten Jahrzehnten zur rücksichtslosen und menschenverachtenden Durchsetzung ihrer Geschäftsinteressen, aber es gibt zahllose positive Beispiele, von energieeffizienteren Waschmitteln bis hin zur Medizin. (mehr Infos unter Genetik im Alltag)

7) Würden Sie sagen, dass HELIX ein Katastrophenthriller ist?

Nein. Wie BLACKOUT und ZERO ist HELIX ein Gesellschaftsthriller, ein Debattenthriller – da er ein aktuelles und kontrovers diskutiertes Thema aufgreift.

8) Welche Szenen waren für Sie am Schwierigsten zu schreiben?

Das waren die Szenen, die ich dann letztlich nicht geschrieben habe, nämlich aus der Perspektive von Kindern, die dank Gentechnik viel intelligenter sind als wir alle. In einen viel intelligenteren Kopf kann ich naturgemäß nicht hineinschlüpfen.

9) Was ist Ihrer Meinung nach der gemeinsame Nenner Ihrer Thriller?

Ich erzähle auf spannende und emotionale Weise von den Herausforderungen, vor die technische Entwicklungen unsere Gesellschaft und jede/n Einzelne/n stellen, und den daraus resultierenden notwendigen Diskussionen.

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